Das Jahressteuergesetz umfasst u. a. folgende steuerliche Änderungen:
I. Einkommensteuergesetz
Vereinheitlichung der Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen:
Photovoltaikanlagen mit einer Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kW (peak) je Wohn- oder Geschäftseinheit sind nun nach § 3 Nr. 72 S. 1 EStG steuerbefreit (zuvor: 15 kW (peak)). Die Regelung ist erstmalig für Photovoltaikanalgen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
Erhöhung Abzugsfähigkeit Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben:
Kinderbetreuungskosten können nun in Höhe von 80 % (zuvor: zwei Drittel) als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Höchstbetrag für berücksichtigungsfähige Kinderbetreuungskosten liegt nun bei EUR 4.800,00 (zuvor: EUR 4.000,00) (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Die Regelung ist ab dem Veranlagungszeitraum 2025 anzuwenden.
- Erweiterung Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen bei Tätigkeiten im Ausland:
Steuerpflichtige, die in Deutschland wohnen und im Ausland tätig sind, können nun Vorsorgeaufwendungen auch als Sonderausgaben berücksichtigen, wenn diese im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen in einem EU-Mitgliedsstaat, einem EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft stehen (§ 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG). Hintergrund dieser Gesetzesänderung ist die Niederlassungsfreiheit. Die Neuregelung ist in allen offenen Fällen anwendbar.
- Rechnungserfordernis bei Pflege- und Betreuungsleistungen:
Die Steuerermäßigungen bei Pflege und Betreuungsleistungen können nach neuer Gesetzeslage nur noch in Anspruch genommen werden, soweit eine Rechnung vorliegt und eine Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist (§ 25a Abs. 5 S. 3 EStG). Die Regelung ist ab dem Veranlagungszeitraum 2025 anzuwenden.
- Erhöhung Grundfreibetrag (Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums):
Rückwirkend zum 1. Januar 2024 wird der Grundfreibetrag um EUR 180 auf EUR 11.784,00 erhöht.
- Übertragung der Entstrickungsbesteuerung auf Umwandlungsfälle:
Die Regelungen zur Entstrickungsbesteuerung (Bildung und Auflösung eines Ausgleichspostens bei der Besteuerung der stillen Reserven, wenn eine Beschränkung oder ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts vorliegt) sind entsprechend anzuwenden, wenn neben der Steuerentstrickung ein Rechtsträgerwechsel im Sinne des UmwStG vorliegt (§ 4g Abs. 1 EStG). Somit liegt ein Wahlrecht zur zeitlichen Streckung der Besteuerung stiller Reserven bei umwandlungsteuerlich relevanten Vorgängen wie z. B. der Übertragung von Teilbetrieben vor.
- Erweiterung Übermittlungsverpflichtung bei der E-Bilanz:
Der Übermittlungsumfang der E-Bilanz erstreckt sich nun – neben der Übermittlung der Bilanz und der GuV – insbesondere auch auf die Übermittlung der unverdichteten Kontennachweise mit Kontensalden sowie den Anlagenspiegel und das diesem zugrunde liegende Anlageverzeichnis (§ 5b Abs. 1 EStG). Die Regelung tritt ab 1. Januar 2025 in Kraft, die Pflicht zur Übermittlung der Kontennachweise ist erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2024 beginnen, anzuwenden. Die darüber hinausgehenden Übermittlungspflichten (u. a. Übermittlung des Anlagenspiegels) sind erst für Wirtschaftsjahre zu erfüllen, die nach dem 31. Dezember 2027 beginnen.
- Steuerneutrale Buchwertübertragung nun auch bei beteiligungsidentischen Personengesellschaften möglich:
Auch zwischen beteiligungsidentischen (Schwester-)Personengesellschaften ist die unentgeltliche Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nunmehr zum Buchwert und somit steuerneutral möglich (§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG). Allerdings sind Übertragungen gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten nicht begünstigt. Die Gesetzeserweiterung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
- Erweiterung Umfang Einkünfte aus Kapitalvermögen:
In § 20 Abs. 3 S. 2 EStG wurde eingefügt, dass besondere Entgelte oder Vorteile auch dann vorliegen, wenn Bestandsprovisionen, Verwaltungsentgelte oder sonstige Aufwendungen durch den Schuldner der Kapitalerträge oder durch einen Dritten erstattet werden. Die Regelung ist ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.
- Änderungen bei den Verlustverrechnungstöpfen des § 20 Abs. 6 EStG:
Verluste aus Termingeschäften können nunmehr unbeschränkt mit allen positiven Einnahmen aus Kapitalvermögen verrechnet werden (zuvor: Verluste aus Termingeschäften konnten nur in Höhe von TEUR 20 mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien ausgeglichen werden). Auch die Verluste aus Forderungsausfällen im Privatvermögen können nun unbeschränkt mit positiven Einnahmen aus Kapitalvermögen verrechnet werden (zuvor: Beschränkung der Verrechnungsfähigkeit auf TEUR 20). Die neue unbeschränkte Verlustverrechnung ist für alle offenen Fälle anzuwenden.
- Einfügen der Gesamthandsgemeinschaften in den § 23 EStG:
Ebenso wie bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft ist nun auch die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren Beteiligung an einer Gesamthandsgemeinschaft von § 23 EStG erfasst (private Veräußerungsgeschäfte). Somit ist beispielsweise der entgeltliche Erwerb von Anteilen an einer Erbengemeinschaft im Sinne des § 23 EStG als anteilige Anschaffung der zur Gesamthand dieser Erbengemeinschaft gehörenden Wirtschaftsgüter zu bewerten. Die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
- Die Anzeigepflicht des Arbeitgebers nach § 41c Abs. 4 S. 1 EStG wird digitalisiert:
Soweit ein Arbeitgeber im Rahmen seiner Lohnabrechnung nicht ausreichend Lohnsteuer einbehalten hat, muss dies dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich angezeigt werden, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht selbst nachträglich einbehalten (kann). Bislang erfolgte diese Mitteilung an das Betriebsstättenfinanzamt schriftlich. Zukünftig muss die Anzeige elektronisch übermittelt werden. Diese Änderung tritt am 1. Januar 2026 in Kraft und ist für Lohnsteuerabzüge ab 2026 anzuwenden.
II. Gewerbesteuergesetz
- Änderung der gewerbesteuerlichen Grundstückskürzung:
Zukünftig orientiert sich die einfache gewerbesteuerliche Grundstückskürzung im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nicht mehr an dem Grundsteuerwert, sondern an der tatsächlich im Erhebungszeitraum erfassten Grundsteuer des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks.
III. Umwandlungssteuergesetz
- Frist zur Einreichung der steuerlichen Schlussbilanz bei Umwandlungsfällen:
Es wird der § 3 Abs. 2a UmwStG eingefügt, wonach die steuerliche Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft bis zum Ablauf der nach § 149 AO maßgebenden Frist zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für den Besteuerungszeitraum, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt, beim Finanzamt elektronisch einzureichen ist.
IV. Abgabenordnung
- Neuregelung zu Hinterziehungszinsen:
Mit § 235 Abs. 5 AO wird eine durchgängige Verzinsung hinterzogener Vorauszahlungen mit 0,5 % pro Monat festgelegt. Die Regelung gilt für die Fälle, in denen Zinsen im Zusammenhang mit hinterzogenen Vorauszahlungen nach dem 5. Dezember 2024 festgesetzt wurden.
V. Umsatzsteuergesetz
- Vorsteuerpauschalen in der Land- und Forstwirtschaft:
Für Land- und Forstwirte gilt für 2024 der Durschnittsatz und die Vorsteuerpauschale von 8,4 %. Für 2025 soll der Satz weiter auf 7,8 % gesenkt werden (§ 24 UStG).
- Regelung zum Brexit im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuergesetz:
Das Gebiet Nordirlands wird für nach dem 31. Dezember 2020 ausgeführte Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe wie übriges Gemeinschaftsgebiet behandelt.
- Änderungen bei der Kleinunternehmerregelung:
Die deutsche Kleinunternehmerregelung wird an die europäische Kleinunternehmer-Richtlinie angepasst. Somit können auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer die deutsche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Auch im Inland ansässige Unternehmer können die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedsstaat anwenden; hierzu wird ein gesondertes Meldeverfahren in § 19a UStG eingeführt. Darüber hinaus werden die Umsatzgrenzen ab 2025 angepasst: Der Vorjahresumsatz darf den Betrag von TEUR 25 (zuvor: TEUR 22) nicht überschreiten, der inländische Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahres darf den Betrag von TEUR 100 (zuvor: TEUR 50) nicht überschreiten.
- Einschränkungen beim Vorsteuerabzug bei der Ist-Versteuerung:
Der Leistungsempfänger, der eine Leistung von einem Ist-Versteuerer bezieht, kann den Vorsteuerabzug zukünftig erst dann geltend machen, wenn die empfangene Leistung bezahlt wurde (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG). Darüber hinaus hat der Unternehmer, der seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuert (Ist-Versteuerer) zukünftig in Rechnungen „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ als Pflicht-Angabe aufzuführen (§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6a UStG). Diese Neuregelungen sind erstmals auf Rechnungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2027 ausgestellt werden.
VI. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
- Erbfallkostenpauschbetrag:
Der Erbfallkostenpauschbetrag wird auf TEUR 15 (zuvor: TEUR 10,3) erhöht (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG). Der neue Pauschbetrag gilt erstmalig für Erwerbe, für die die Steuer ab Januar 2025 entsteht.
VII. Grundsteuer
- Grundsteuer - Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts möglich:
Der Steuerpflichtige hat im Einzelfall die Möglichkeit, einen gemeinen Wert seines Grundstücks nachzuweisen, der unterhalb des festgesetzten Grundsteuerwertes liegt. In diesen Fällen ist der niedrigere gemeine Wert anzusetzen. Auch ein fremdüblicher Kaufpreis kann als Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes herangezogen werden. Die Änderung tritt am 6. Dezember 2024 in Kraft.
VIII. Außensteuergesetz
- Ergänzung des neu eingeführten § 1 Abs. 3d AStG:
Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde der neue § 1 Abs. 3d AStG für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen eingeführt. Die Ergänzung im Jahressteuergesetz sieht vor, dass der neue § 1 Abs. 3d AStG nicht auf bis zum 31. Dezember 2024 entstehende Finanzierungsaufwendungen anzuwenden ist, soweit die Finanzierungsbeziehung vor dem 1. Januar 2024 zivilrechtlich vereinbart wurde und auch die tatsächliche Durchführung vor dem 1. Januar 2024 begonnen wurde. Hiermit wurde nachträglich eine Übergangsregelung in das Gesetz eingefügt.
IX. Investmentsteuergesetz
- Anwendung der Wegzugsbesteuerung zukünftig auch bei Investmentanteilen:
Für Beteiligungen an Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds gelten für nach dem 31. Dezember 2024 verwirklichte Sachverhalte auch die Regelungen zur Wegzugsbesteuerung (§ 19 Abs. 3 InvStG). Dies hat zur Folge, dass im Fall der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland, bei Übertragung der Anteile an eine nicht in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Person oder bei der Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts die Veräußerung der Investmentanteile zum gemeinen Wert angenommen wird, wenn der Steuerpflichtige mindestens 1% der ausgegebenen Investmentanteile gehalten hat oder die Anschaffungskosten mindestens 500 TEUR betragen haben.
Darüber hinaus ergeben sich u. a. folgende, weitere Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2024:
- Beantragung von Kindergeld:
Zukünftig soll die Beantragung von Kindergeld elektronisch erfolgen können (§ 67 S. 1 EStG). Die Antragstellung soll über ein bereits bereitstelltes Onlineportal der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Die Übersendung des Antrags in Papierform soll weiterhin möglich sein.
- Bonusleistungen von Krankenkassen mindern bis zu einer Höhe von EUR 150,00 den Sonderausgabenabzug nicht (§ 10 Abs. 2b EStG):
Eine bereits von der Finanzverwaltung angewandte Vereinfachungsregelung, wonach Bonusleistungen von Krankenkassen bis zu einer Höhe von EUR 150,00 pro Versicherten und Beitragsjahr den Sonderausgabenabzug nicht reduziert hat, wird nun gesetzlich normiert. Die Regelung ist auf Bonusleistungen anzuwenden, die ab dem Veranlagungszeitraum 2025 gezahlt werden.
- Erweiterung Übermittlungspflichten von Altersvorsorgeaufwendungen:
Neben der gesetzlichen Rentenversicherung sind auch die landwirtschaftliche Alterskasse sowie die berufsständischen Versorgungseinrichtungen mit dieser Neuregelung verpflichtet, relevante Beiträge elektronisch über die ZfA an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 10 Abs. 2c EStG). Insbesondere entfällt der Nachweis der Altersvorsorgeaufwendungen an die jeweiligen Versorgungswerke in Papierform für selbstständig Tätige der verkammerten freien Berufe. Die Neuregelung ist erstmalig anzuwenden für Altersvorsorgeaufwendungen, die nach dem 31. Dezember 2027 geleistet bzw. erstattet werden.
- Nachweispflicht bei Unterhaltsleistungen:
Nach § 33a Abs. 1 EStG können Unterhaltsleistungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen die Einkommensteuer nur noch dann ermäßigen, wenn die Zahlung an den Unterhaltberechtigten durch Überweisung auf das Konto der unterhaltenden Person nachgewiesen werden kann. Die Regelung ist ab dem Veranlagungszeitraum 2025 anzuwenden.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung und Gewähr für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. Aufgrund der teilweise verkürzten Darstellungen und der individuellen Besonderheiten jedes Einzelfalls können und sollen die Ausführungen zudem keine persönliche Beratung ersetzen.